So ein Betrieb

So ein Betrieb – Vor Feierabend beobachtet, nach Feierabend zu lesen, Hrsg. Hans Seifert, Eulensspiegel Verlag Berlin, 1960.

Wer Hans Seifert ist oder war ist nicht eben einfach herauszufinden. Im Eulenspiegelverlag sind ein paar illustrierte Bücher von ihm erschienen – es geht um Humor, Satire und Produktivitätssteigerung – aber viel mehr findet man mit schnellen Blick nicht

So ein Betrieb ist ein Motivationsbuch zur Erreichung der Planziele des 7-Jahresplan. Der 5-Jahresplan war letztlich zu ambitioniert und schon früh gescheitert.

Am 1. Oktober 1959 legt die Regierung der DDR den Übergang vom 5- zum 7 Jahresplan fest:

Die Volkskammer verabschiedet die gesetzlichen Bestimmungen zu einem neuen Plan, der die wirtschaftlichen Ziele für sieben Jahre (1959–1965), statt bisher für fünf Jahre festlegt. Ziel ist es, innerhalb weniger Jahre die Bundesrepublik beim Verbrauch wichtiger Lebensmittel zu überbieten und damit die Überlegenheit der sozialistischen Ordnung zu demonstrieren. „Überholen ohne einzuholen“, lautet das Motto.
Sie stellt den Plan auf, in dem die Zuwendungen von Arbeitskräften und Fonds und die Vorgaben für die zu erbringenden Leistungen festgeschrieben sind. Im neuen 7-Jahresplan, der dem sowjetischen Modell folgt, sind vor allem Projekte wie der Berliner Flughafen Schönefeld und der Ausbau des Überseehafens Rostock aufgenommen, die nur längerfristig umsetzbar sind. Volkswirtschaftlicher Wachstumsmotor soll die chemische Industrie sein. (Quelle: mdr)

Das Buch hat ein klares Ziel und eine besondere Form. Glossen, kurze Anekdoten und Satiren stellen Situationen des Arbeitsalltags in der Industrieproduktion humoristisch dar. Der Untertitel ist Programm: Geschichten aus dem Betrieb für den Feierabend, um den Arbeitsalltag mit all seinen Problem und Hemmnisse möglichst leichtgängig zu reflektieren. Oder auch ganz deutlich im Vorwort:

Gerade weil es unter anderem in unseren Betrieben noch vieles gibt, was die Produktion von mehr und besseren Waren bremst, gerade deshalb ist die scharfe, schonungslose und prinzipielle Kritik gegen Faulenzer, Bummelanten, Schönfärber, Skeptiker, Bürokraten, Schwätzer und Manager bitter nötig.

Eine Moral des Kollektiven mit dem Ziel der Wertschöpfung durch Vernunft, Disziplin und Vernunft, zum Beispiel:

Seine grosse Klappe garantiert nicht, daß bei ihm alles klappt

oder

Er überlegte noch, ob es sich lohne mitzumachen, da hatte der andere schon die erste Prämie in der Tasche.

oder

„Die sollen mich kennenlernen!“ wetterte der Werkleiter, als man ihn wegen mangelnden Kontaktes zu den Arbeitern seines Betriebes kritisierte. „Endlich!“ jubelte die Belegschaft.

Es gibt auch Geschichten, die außerhalb des zeitlichen Kontextes nicht immer zu verstehen sind, aber – wie es im Vorwort heisst: Das Zeil des Buches ist es sich überflüssig zu machen.

An zwei Stellen kommt Kultur einmal als Betriebskabarett, das als Transportmittel der Kritik im Dienst des Produktiven steht, ein anderes mal im Bezug auf das Kulturhaus (BGL steht für Betriebsgewerkschaftsleitung):

(Hinweis Myriam Holme)

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